cci Forum: Küchenabluftanlagen nach EnEV oder EU-Ökodesign-Richtlinie?

Wie ist der ab Januar 2016 entstehende Widerspruch zwischen der Mindestforderung in der EnEV 2014 (Verschärfung ab 01/2016) und der EU-Ökodesign-Richtlinie 1253_2014_Nichtwohnraum-Lüftung (ab Januar 2016) rechtlich zu bewerten?
(EnEV -> WRG erst ab 4.000 m³/h; EU-Ökodesign-Richtlinie -> WRG schon ab 1.000 m³/h)
Muss man nach EU-Ökodesign-Richtlinie bauen wegen des CE-Zeichens (analog zur Thematik bei den Brandschutzklappen)?
Insbesondere für kleine Küchenabluftanlagen wird das dann hoch aktuell. Sind die erheblichen Mehrkosten für eine Fettreinigungsanlage (um Wärme im WRG-System nutzen zu können) wirtschaftlich (Höhere Investitionskosten; Höhere Druckverluste/Energiekosten) hinnehmbar?

Antworten der Leser

1.
In der Verordnung (EU) Nr. 1253/2014 der Kommission vom 7. Juli 2014 zur Durchführung der Richtlinie 2009/125/EG des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Anforderungen an die umweltgerechte Gestaltung von Lüftungsanlagen (inkraftgetreten am 27. Juli 2014 legt Artikel 1 „Gegenstand und Geltungsbereich“ unter anderem fest:
(2) Diese Verordnung gilt nicht für Lüftungsanlagen, die
h) gemäß der Verordnung (EU) Nr. 66/2014 der Kommission über Küchengeräte als Dunstabzugshauben eingestuft sind.

In Absatz 5 der Verordung heißt es: „Die Ausnahmeregelungen besagen ferner eindeutig, dass Anlagen mit mehreren Verwendungszwecken, die vorwiegend heizen oder kühlen, und Dunstabzugshauben für Küchen ausgeschlossen sind.“

Udo Ranner, Vorstandsmitglied Herstellerverband RLT-Geräte, ist der Meinung, dass gewerbliche Küchenlüftungsgeräte prozesslufttechnische Anlagen sind und daher nicht unter die 1253/2014 (Lüftungsanlagen) fallen. Es wird demnächst ein FAQ-Papier zu dieser Verordnung herauskommen. Das FAQ-Papier wird derzeit von EVIA erstellt. Im Entwurf des FAQ-Papiers wird der Geltungsbereich interpretiert und ein paar Beispiele genannt, bei denen die Verordnung keine Anwendung findet, z. B. eben Küchenlüftungsanlagen für gewerbliche Küchen. Der Ausschuss, in dem Herr Ranner mitarbeitet, hat das Gremium für das FAQ-Papier so beraten. Es könnten an diesem Entwurf allerdings noch Veränderungen vorgenommen werden, sodass diese Antwort nicht als 100-prozentig verbindlich angesehen werden sollte. Für nähere Informationen hierzu wenden Sie sich bitte an Claus Händel vom FGK, der die Leitung bei der Erstellung des FAQ-Papiers übernommen hat.

Ich gehe erstmal davon aus, dass die bisherige Regel aus der EnEV für Küchenlüftungsgeräte weiterhin Bestand hat. Zentralabsauganlagen in Wohngebäuden, an denen mehrere Dunstabzugshauben ohne eingebauten Ventilator angeschlossen sind, müssten unter die Ökodesign-Verordnung fallen. Dunstabzugshauben in privaten Haushaltsküchen, in denen ein Ventilator eingebaut ist, fallen nicht unter die Ökodesign-Verordnung, sondern unter die EU-Verordnung 66-2014 „Haushaltsbacköfen, -kochmulden und -dunstabzugshauben“. In dieser werden unter anderen auch Energieeffizienzwerte und Anforderungen an die Regelung von Haushaltsdunstabzugshauben festgelegt. Das Papier ist, wie die meisten EU-Verordnungen, etwas kryptisch gehalten und auf dem ersten Blick nicht leicht zugänglich.

Die Ökodesign-Verordnung ist in Deutschland durch eine (EU) Verordnung umgesetzt und damit praktisch Gesetz. Lüftungsgerätehersteller müssen nach der Ökodesign-Richtlinie ihre Geräte fertigen. Geräte die dieser Richtlinie widersprechen dürfen ab 1. Januar 2016 nicht mehr ausgeliefert werden. Lagerbestände von Serienprodukten dürfen allerdings weiterhin abverkauft werden.

Dipl.-Ing. Georg Tale-Yazdi, Sachverständigenbüro Tale-Yazdi, Schöneck

2.
Direktlinks
– Ökodesign-Verordnung (EU) Nr. 1253/2014 (Lüftungsanlagen) – hier.
– Ökodesign-Verordnung (EU) Nr. 66/2014 (Haushaltsbacköfen, -kochmulden und -dunstabzugshauben) – hier.

Redaktion von cci Forum

3.
In der aktuellen Fassung der Ecodesign (EU) Nr. 1253/2014 wird folgender Geltungsbereich definiert:
Artikel 1 Gegenstand und Geltungsbereich
(1)Diese Verordnung gilt für Lüftungsanlagen, und für deren Inverkehrbringen oder Inbetriebnahme werden durch sie Ökodesign-Anforderungen festgelegt.
(2)Diese Verordnung gilt nicht für Lüftungsanlagen, die
….
h) gemäß der Verordnung (EU) Nr. 66/2014 der Kommission (3) über Küchengeräte als Dunstabzugshauben eingestuft sind.
Somit fallen nach meiner Auffassung Küchenabluftanlagen nicht in den Geltungsbereich dieser Ecodesign-Richtlinie!

Ralf Maiwald, Exhausto GmbH, Bingen

4.
Bei der  „Ökodesign-Richtlinie“ handelt es sich um die juristisch höherrangige „Verordnung (EU) Nr. 1253/2014 DER KOMMISSION vom 7. Juli 2014 zur Durchführung der Richtlinie 2009/125/EG des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Anforderungen an die umweltgerechte Gestaltung von Lüftungsanlagen, die unmittelbar in allen EU-Staaten als unmittelbar anzuwendendes Recht gilt. Im vorliegenden Fall haben alle Planenden neben der EnEV auch die einschlägigen EU-Verordnungen zwingend einzuhalten. Sollten also, wie in Ihrem Beispiel, möglicherweise zwei (oder gar mehrere) Vorschriften zu beachten sein, so gilt immer als unterste Rechtsposition die schärfste Anforderung, also nicht erst ab 2016, sondern die o.a. EU-Verordnung ist am 20. Tag nach ihrer Veröffentlichung im „Amtsblatt der Europäischen Union“ (geschah am 22.5.2014 mit der Veröffentlichung im EU- Amtsblatt Nr. L 152) mit folgenden Schlussbestimmung: „Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat“ – Brüssel, 21. Mai 2014 – Unterschrift:  Für die Kommission – Der Präsident – Josè Manuel Baroso. Danach hat jeder Planende diese Verordnung (ggf. weitere) und auch die EnEV bei seiner Aufgabenstellung und deren praktische Umsetzung zwingend einzuhalten und zwar bereits schon jetzt! Ich stimme mit vielen Berufskollegen dahingehend überein, dass die offiziellen Informationen zur rechtlichen Stellung von EU-Verordnungen oft nicht sehr hilfreich sind, doch das ändert nichts, aber auch gar nichts an der von allen Planern (und nur auf die beziehe ich mich hier) zwingend zu beachtenden Rechtsvorgaben.
 
Ronald Berndt

Anmerkung der Redaktion
Der Termin des Inkrafttretens am 1. Januar 2016 wird in Artikel 3 und 4 der deutschen Version, Amtsblatt der Europäischen Union vom 25. November 2014 genannt.

5.
Das Thema ist in der Bewertung einfach: Reden wir über die Konformität zur Ökodesignrichtlinie Lüftungsgeräte fällt ein Küchenabluftgerät eindeutig unter die Verordnung. Für ein reines Abluftgerät gilt die Einhaltung der Elektroeffizienz mit 250 W/m³/s sowie die Mindesteffizienz an die Ventilatoren. Eine Pflicht für eine WRG besteht dabei nicht. Die EnEV greift hier erst ab 4000 m³/h, und dann muss eine WRG eingebaut werden. Dann wird aus dem Gerät ein Kombigerät und es gelten dann wiederum die Mindestanforderungen aus der Ökodesignrichtlinie für Kombigeräte. Dunstabzugshauben sind ausgeschlossen. D.h., wenn ein Abluftventilator in die Dunstabzugshaube eingebaut ist, ist es kein Lüftungsgerät im Sinne der Ökodesignrichtlinie Lüftung.
Da ich bei der Entstehung der Ökodesign-Richtlinie dabei war, fällt es mir natürlich leichter, manche Dinge zu dem Thema im Kopf zu haben. Ausnahmen von der Ökodesignrichtlinie sind sehr wenige: ATEX-Geräte, Geräte zur Entrauchung, … Sonst sind alle Anlagen, die zur Lüftung eines Gebäudes dienen, dabei. Dazu gehören auch Küchenabluftanlagen, die keine Dunstabzugshauben sind. Hier irrt Herr Ranner. Der Begriff „Prozessluft“ taucht in der Ökodesignrichtlinie überhaupt nicht auf.

Martin Törpe, Senior Manager Systems Technology, Product Management, AL-KO Therm GmbH

6.
Leider ist die EU 1253/2014 wie an so vielen Stellen erklärungs- und interpretationsbedürftig. Notwendige FAQ-Dokumente  werden derzeit an verschiedenen Stellen mit unterschiedlichem Zeithorizont erarbeitet. Eine abschließende Bewertung durch die EU-Kommission ist in diesem Jahr nicht mehr  zu erwarten aber der Markt braucht schon früher Planungsgrundlagen. Im Folgenden wird die EVIA-Interpretation wiedergegeben. Das Papier wird voraussichtlich in Kalenderwoche 42 veröffentlicht, und man versucht einen breiten europäischen  Konsens zu finden.
In der Tat sind in der EU 1253/2014 nur wenige Ausnahmen konkret genannt. Dazu gehören auch Küchenabzugshauben nach EU 66/2014, also für den Wohngebrauch. Um diese geht es hier aber nicht. Weiter Ausnahmen lassen sich aber aus der Definition „Lüftungsgerät“ ableiten: „Lüftungsanlage (besser Gerät)“ (LA) eine elektrisch betriebene Vorrichtung, die ….. in einem Gebäude oder Gebäudeteil verbrauchte Luft durch frische Außenluft ersetzen soll“.
Die EVIA-Interpretation setzt hier wie folgt an: Bei Lüftungsanlagen nach EU 1253/2014 ist die Luft durch Personen- oder Gebäudeemissionen verbraucht. Prozessemissionen fallen nicht darunter und ebenfalls nicht die  Abfuhr von Wärmelasten (hier macht WRG keinen Sinn). Beides ist aber in gewerblichen Küchen gegeben. Damit fallen derartige Geräte nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie. Was mir an dieser Stelle auch zielführend  erscheint.

Claus Händel, Technischer Referent, Fachverband Gebäude-Klima (FGK), Bietigheim-Bissingen

Artikelnummer: cci40750

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