Unterirdische Wärmeinseln in Städten bergen geothermisches Potenzial

Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) hat eine neue Methode entwickelt, um unterirdische Wärmeinseln in Städten, die zur Energieversorgung taugen, aufzuspüren.

(Abb. © Eléonore H/Fotolia.com) In größeren Städten sind die Temperaturen von Atmosphäre, Oberfläche und Untergrund höher als im ländlichen Umland. Diese urbanen Wärmeinseln entstehen durch das Zusammenwirken der Faktoren dichte Besiedlung, Flächenversiegelung, Wärmeabstrahlung von Gebäuden, Industrie und Verkehr sowie fehlende Vegetation. Die Wärmeinseln im Untergrund bieten Chancen für die Energieversorgung: So lässt sich die Energie aus oberflächennahen Grundwasserschichten mithilfe von Erdwärme- und Grundwasserwärmepumpen zum Heizen im Winter und zum Kühlen im Sommer einsetzen.

Oberirdische und unterirdische Wärmeinseln sind vor allem durch Wärmeleitung miteinander verbunden. Bisher untersuchte die Forschung die einzelnen Wärmeinseln meist getrennt voneinander, sodass über die Prozesse und das Verhältnis von ober- und unterirdischen Temperaturen wenig bekannt war. Eine Gruppe von Wissenschaftlern vom Institut für Angewandte Geowissenschaften (AGW) und vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung – Atmosphärische Spurengase und Fernerkundung (IMK-ASF) des KIT sowie von der ETH Zürich haben nun ober- und unterirdische Wärmeinseln in vier deutschen Großstädten, Berlin, München, Köln und Karlsruhe, in ihrem Verhältnis zueinander untersucht. Per satellitengestützter Messungen der Oberflächentemperatur lassen sich die zeitlichen und räumlichen Gegebenheiten von oberirdischen Wärmeinseln erschließen. Schwieriger ist die Beschreibung der Wärmeinseln im Untergrund. Die Interpolation von Messungen der Grundwassertemperatur an Monitoringstationen ist zeitaufwendig. Ober- und unterirdische Wärmeinseln haben eine räumliche Korrelation bis zu 80 %. Die Übereinstimmung ist in älteren Städten, wie Köln, größer als im verhältnismäßig jungen Karlsruhe: Je älter die Stadt, desto ausgeprägter die Erwärmung des Untergrunds. In 95 % der untersuchten Gebiete war allerdings die Grundwassertemperatur höher als die Oberflächentemperatur, was die Wissenschaftler auf zusätzliche unterirdische anthropogene Wärmequellen wie Gebäudekeller, Abwasserkanäle oder Reinjektion von Kühlwasser zurückführen. Die satellitengestützt gemessene Oberflächentemperatur allein reicht also nicht aus, um die Grundwassertemperatur zuverlässig zu schätzen. Daher zogen die Forscher zusätzlich die Bebauungsdichte und Kellertemperaturen heran. So gelang es ihnen, die regionalen Grundwassertemperaturen mit einem mittleren absoluten Fehler von 0,9 K zu schätzen. „Diese Methode ermöglicht eine erste Bewertung der unterirdischen Wärmeinseln und damit der ökologischen Bedingungen im Grundwasser und des geothermischen Potenzials, ohne dass dafür aufwändige Grundwassertemperaturmessungen und Interpolationen erforderlich sind“, so Philipp Blum, Professor für Ingenieurgeologie am AGW des KIT.

Quelle
Susanne A. Benz, Peter Bayer, Frank M. Goettsche, Folke S. Olesen, and Philipp Blum: Linking Surface Urban Heat Islands with Groundwater Temperatures. Environmental Science & Technology, November 2015. DOI: 10.1021/acs.est.5b03672

Artikelnummer: cci42544

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