cci Forum: WC-Lüftung in öffentlichen Gebäuden

Leseranfrage: Wir sind mit einem Kunden im Gespräch, der die Gaststättenlüftung (es handelt sich um eine große Gaststätte) in die WC-Lüftung eingebunden haben möchte. Gibt eine DIN oder Verordnung, die die WC-Lüftung regelt?

Antworten der Leser

1.
Die VDI 6000 Blatt 3 „Ausstattung von und mit Sanitärräumen – Versammlungsstätten und Versammlungsräume“ sagt in Kapitel 10 (kurz) was dazu. Ebenso kurz die VDI 3818 „Öffentliche Sanitärräume“ in Abschnitt 7.6. Die ASR A4.1 „Sanitärräume“ gibt im Abschnitt 5.1 Folgendes an:
(Abb. ASR A4.1)
Rolf Grupp, cci Wissensportal
 

2.
Als Arbeitshilfe kann zum Beispiel auch Abschnitt 6 „Lüftung der Toilettenräume“ der Arbeitsstätten-Richtlinie „Toilettenräume“ (ASR 37/1) herangezogen werden. Dort werden Größen für Fensteröffnungen angegeben und Luftvolumenströme für maschinelle Lüftungsanlagen, die der ASR A4.1 „Sanitärräume“ entsprechen. Je WC-Sitz soll der Luftvolumenstrom mindestens 30 m³/h und je Urinal 15 m³/h betragen, insgesamt soll im Raum jedoch mindestens ein fünffacher Luftwechsel vorgenommen werden:

(Quelle: ASR37-1 Abschnitt 6)
Georg Tale-Yazdi (Sachverständigen- und Ingenieurbüro, Schöneck)

3.
Die von Herrn Tale-Yazdi genannten Luftmengen sollten in der Gastronomie nie unterschritten werden. Bei kleineren Toiletten eher etwas mehr. Auf die Zuluftnachströmung sollte geachtet werden, wenn mehr als 200 m³/h durch eine Tür strömen sollen, dann gibt es Probleme, deshalb haben wir im Vorraum bei den Waschbecken meist auch Zuluft ausgeblasen, wobei ein Unterdruck von etwa 100 bis 200 m³/h je Tür eingehalten werden sollte. Auf die Fensterlüftung kann man sich nicht so sehr verlassen, auch wenn diese zulässig ist. Manchmal ist die Windrichtung auf diese Fenster gerichtet. Bei Fastfood-Restaurants hat sich die Zuluft im Vorraum oder Vorlauf bei Einhaltung des Unterdrucks sehr bewährt. Allerdings waren unsere Luftmengen meist mit 50/25 m³/h und manchmal 60/30 m³/h größer. Bei Problemlagen in schmuddeliger Umgebung war die größte Luftmenge 100/50 m³/h, und es gab keine Beanstandungen in diesen Räumen.

Es gibt immer wieder Leute, insbesondere bei Urinalen, die die Spülung nicht drücken, deshalb ist da eine Automatik zu wählen. Auch ist mit Leuten zu rechnen die nicht zielsicher ihr Geschäft verrichten, dann ist die größere Luftmenge besser, wenn der Abstand der Kontrollen mehr als 3 Stunden beträgt. Das mag in feinen Restaurants anders sein, dort sind dann aber auch die Ansprüche an die gute Luft größer.

Diese Erfahrungen habe ich mit weit über hundert Restaurants gemacht. Dabei haben wir die Fensterlüftung nie berücksichtigt.

Reinhard Siegismund, Bad Vilbel


4.
Dies ASR A4.1 Sanitärräume (September 2013) besagt: „Lüftungstechnische Anlagen sind so auszulegen, dass ein Abluftvolumenstrom von 11 m3/(h m2) erreicht wird. Die Abluft aus Toilettenräumen darf nicht in andere Räume gelangen.“

Steffen Gräfe – Exhausto by Aldes GmbH

5.
WC Lüften? Klingt nach einer guten Idee!
WC-Luft assoziieren wir mit unangenehmen Gerüchen. Einen direkten Zusammenhang mit Hygiene und Infektionen sehen wir nicht. Fast jeder macht sich Gedanken zu sichtbaren Verschmutzung der Anlage und fasst den Türknopf «vorsichtig» an. Das «Geschäft» ist aber mit dem Hinterlassen einer sauberen Schüssel und der Betätigung der Spülung längst nicht spurlos abgeschlossen. Die folgenden Fakten sind wohl den allermeisten Lüftungstechnikern nicht bekannt:

Beim Spülvorgang einer modernen Toilette treten rund 495.000 mit Mikroben beladenen Aerosol-Tröpfchen in die Luft über. Mehr als 99 % davon messen weniger als 5 µm und sind damit über Stunden schwebefähig (publiziert 2013). Nach jeder Spülung verbreiten sich mit diesen Aerosolen Mikroben in der ganzen Raumluft und auf den Oberflächen des ganzen Toilettenraums. Viele Bakterien sind dort tagelang, ja wochenlang vermehrungsfähig nachweisbar (seit den 70iger Jahren bekannt).
Bei Anwendung von Jet-Händetrocknern treten fast 30-mal mehr Bakterien in die Raumluft über als beim Gebrauch von Papier- oder Textilhandtüchern (Studie 2012, Studien mit gegenteiligen Aussagen waren «Industriestudien»!)
Stuhl besteht zu 50 % seiner Trockensubstanz aus Mikroben, mehrheitlich Bakterien, aber auch Pilze, Viren und Parasiten. Der Darm enthält ca. 1,5 kg Mikroben, das sind zahlenmäßig mehr Mikroben als unser Körper Zellen enthält! (seit einigen Jahren bekannt). Die allermeisten davon sind harmlos, ja unterstützen uns in der richtigen, möglichst vielfältigen Zusammensetzung nicht nur bei der Verdauung, sondern verbessern unser allgemeines körperliches und geistiges Wohlbefinden.

Wohin mit der Fortluft? Die richtige Fortluftrichtung ist sicherlich die nach draußen. Obwohl sich die Fortluft im Freien fast unendlich verdünnen kann, sind auch hier Überraschungen nicht ausgeschlossen! Die SARS-Epidemie 2003 in Hongkong und die regelmäßig auch in Deutschland auftretenden Legionellenausbrüche zeigen das eindrücklich. In der Fortluft vorhandene Bakterien oder Viren können noch im Abstand von mehreren hundert Metern (SARS) oder Kilometern (Legionellen) in der vorherrschenden Windrichtung Erkrankungen auslösen.

Dr. med. Walter Hugentobler, Gerra-Gambarogno/Schweiz

Artikelnummer: cci54341

Schreibe einen Kommentar

E-Paper