GEG-Novelle vorerst ausgebremst: „Einziges Fiasko!“ – und weitere Reaktionen

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Dem Bundesverfassungsgericht obliegt die Kontrolle des verfassungsmäßig bestimmten politischen Lebens in Deutschland. (Abb. © nmann77/stock.adobe.com)

Am Mittwoch hat das Bundesverfassungsgericht die für heute angesetzte zweite und dritte Lesung der Novelle des Gebäudeenergieeffizienzgesetzes (GEG) untersagt. Die Reaktionen aus LüKK- und TGA-Branche reichen von „einziges Fiasko“ über „schnellstmögliche Wiederaufnahme“ und „mehr Ruhe und Verstand sind gefragt“ bis zu „Hängepartie geht in die Verlängerung“ oder auch „weiter keine rechtssichere Beratung möglich“. Lesen Sie, wer was gesagt hat.

cci Branchenticker hat erste Reaktionen auf die neuerliche Verzögerung in Sachen GEG-Novelle zusammengefasst:

  • Dr. Martin Sabel, Geschäftsführer Bundesverband Wärmepumpe (BWP):
    „Wir weisen auf die Notwendigkeit der Planungssicherheit für die Branche hin und halten daher eine schnellstmögliche Wiederaufnahme des Verfahrens für entscheidend.“
  • Helmut Bramann, Hauptgeschäftsführer im Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK):
    „Die Heizungsbaubetriebe sind seit Monaten mit einer wachsenden Verunsicherung ihrer Kunden konfrontiert. Eine rechtssichere Beratung über Modernisierungsoptionen im Heizungskeller bleibt mit der von der Ampelkoalition zu verantwortenden Hängepartie in Sachen GEG weiter nicht möglich. Es steht zu befürchten, dass selbst modernisierungswillige Anlagenbetreiber jetzt erst einmal ihre Investitionsentscheidung aufschieben werden.“
  • Dietrich Asche, Geschäftsführer des Bundesinnungsverbandes des Deutschen Kälteanlagenbauerhandwerks (BIV):
    „Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts betrifft den formalen Akt des parlamentarischen Gesetzgebungsverfahrens, jedoch nicht den Inhalt der geplanten Novellierung des GEG. Neben der berechtigten formalen Kritik wird mit dem Ergebnis vor allem Wahlkampf für die bevorstehenden Landtagswahlen in Bayern und Hessen gemacht. Es wirkt sich zeitlich allerdings auf die Planungssicherheit für Handwerk, Industrie und Verbraucher aus. Dass die Wärmepumpe eine der zentralen Lösungen für den Klimaschutz im Gebäudebereich ist, ist weitestgehend unstrittig. Heizungen mit fossilen Energieträgern werden durch die steigende CO2-Bepreisung künftig ein Kostenrisiko darstellen. Die parlamentarische Sommerpause sollte intensiv dazu genutzt werden, verlässliche Rahmenbedingungen und insbesondere eine angemessene Förderkulisse zu entwickeln, um die CO2-Neutralität im Gebäudebestand bis 2045 verwirklichen zu können.“
  • Frank Ernst, Geschäftsführer des Bundesindustrieverbandes Technische Gebäudeausrüstung (BTGA), des Fachverbandes Gebäude-Klima (FGK) und des Herstellerverbandes Raumlufttechnische Geräte sowie Robert Hild, Geschäftsführer des VDMA Allgemeine Lufttechnik erklären gemeinsam:
    „Der vorläufige Stopp des sogenannten Heizungsgesetzes bietet die Möglichkeit, den Gesetzentwurf in einem ordentlichen parlamentarischen Verfahren gründlich zu beraten. Wir appellieren an die Bundestagsabgeordneten, die nun zur Verfügung stehende Zeit zu nutzen, um den Inhalt zu überarbeiten und weitere Verbesserungen am Gesetz vorzunehmen. Insbesondere zwei Punkte müssen besonders dringend überarbeitet werden: Die im Paragraf 71p vorgesehene Verordnungsermächtigung zum Einsatz natürlicher Kältemittel in elektrischen Wärmepumpen und in Wärmepumpen-Hybridheizungen muss gestrichen werden. Außerdem müssen einfache und günstige Energieeffizienz-Technologien in der GEG-Novelle berücksichtigt werden. So muss zum Beispiel auch Abwärme als erneuerbare Energie anrechenbar sein, wenn sie in Lüftungsanlagen über eine Wärmerückgewinnung genutzt wird.“
  • Christoph Brauneis, Beauftragter für Politik und Medien im Verband Deutscher Kälte-Klima-Fachbetriebe (VDKF):
    „Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist der Bundesregierung hoffentlich eine Lehre, dass man sich für wichtige Gesetzesvorhaben genügend Zeit nehmen muss, um handwerkliche Fehler zu vermeiden und sich in der Wirtschaft und bei Verbänden die nötige (und offensichtlich teils fehlende) Expertise einzuholen – und diese auch zu berücksichtigen – und um in der Bevölkerung mit guten Argumenten für die erforderliche Akzeptanz zu werben. Wenn zwischen einer Expertenanhörung und der Entscheidung im Bundestag nur wenige Tage Zeit zur Prüfung zugestanden werden, ist das für Parlamentarier genauso eine Zumutung wie für Verbände, denen für fachlich fundierte Stellungnahmen ebenfalls nur einige Tage Zeit gegeben wurde. Das GEG ist dringend erforderlich, um den Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe zu forcieren. Die Umsetzung war jedoch ein einziges Fiasko und hat zu einem immensen Vertrauensverlust in die Regierungsarbeit und leider auch in die Wärmepumpentechnik geführt.“
  • Rainer Reichhold, Präsident des Baden-Württembergischen Handwerkstags:
    „Bundes- wie Landesregierungen müssen dringend mehr Ruhe und Verstand in demokratisch festgelegte Prozesse bringen. Denn nicht nur Parlamente, auch Verbände und Interessengruppen erhalten Gesetzentwürfe mittlerweile teils mit kürzesten Fristen für Stellungnahmen zu hochkomplexen Fragestellungen. Das ist unangemessen und lässt ein ernsthaftes Interesse von Politik und Verwaltung an der Expertise betroffener Anspruchsgruppen vermissen. Für Betriebe wie Kunden bleibt es nach dem monatelangen Hin und Her zwar wichtig, endlich Planungssicherheit zu bekommen, diese aber auf Kosten verbriefter Grundrechte zu erhalten, dient dem Vertrauen in Staat und Demokratie kaum.“
  • Markus Staudt, Hauptgeschäftsführer im Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH):
    „Die politisch verursachte und seit Monaten anhaltende Hängepartie geht in die Verlängerung und damit auch die Verunsicherung der Verbraucher und der gesamten Wertschöpfungskette. Es herrscht weiterhin Verunsicherung in einem Markt, der in den letzten drei Jahren über 30 % zugelegt hat und in dem der Absatz von Heizsystemen, die erneuerbare Energie einkoppeln, um über 300 % überproportional gewachsen ist.“

Rein formell gesehen könnte die Bunderegierung in die Wege leiten, in einer Sondersitzung während der Sommerpause über das GEG zu beraten. Das gilt aber als wenig wahrscheinlich. Faktisch bleibt auch im Spätsommer oder gar Herbst noch genügend Zeit, den Gesetzentwurf rechtzeitig zu verabschieden, um das GEG zum 1. Januar 2024 in Kraft treten zu lassen.

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3 Kommentare zu “GEG-Novelle vorerst ausgebremst: „Einziges Fiasko!“ – und weitere Reaktionen

  1. Dreht es sich bei allem wirklich „nur“ um Dinge wie Rechtssicherheit, Planungssicherheit, Verunsicherung und Investitionsentscheidungen? Wenn in den kommenden Jahren Millionen von elektrischen Wärmepumpen installiert werden sollen und genau so viele elektronische Autos auf die Straßen kommen, dann kommt in vielen Gemeinden und Städten das Stromnetz an seine Belastungsgrenze. Oder in anderen Worten: Nicht nur in unseren Heizräumen muss modernisiert werden, sondern auch unter unseren Straßen und Gehwegen müssen vielerorts die Stromkabel modernisiert werden! Wenn diese Stromnetze genauso „schnell und effizient“ ausgebaut werden, wie unsere Glasfasernetze, dann ergibt dieser übereilte Aktionismus zur Novelle des Gebäudeenergieeffizienzgesetzes überhaupt keinen Sinn. Deshalb finde ich auch die Headline „EINZIGES FIASKO“ von Peter Reinhardt mehr als getroffen und richtig!

  2. Sehr geehrter Herr Reinhardt,
    die Reaktionen aus unserer Branche zum Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zur GEG-Novelle, die Sie dankenswerterweise eingesammelt haben, sind alle sachlich und teilweise sehr differenziert. Dass beim Beitrag von Herrn Brauneis das Wort „Fiasko“ fällt, ist zwar korrekt, charakterisiert seine detaillierten Bemerkungen aber nur sehr unzureichend. Erst recht trifft Ihre Überschrift: GEG-Novelle vorerst ausgebremst: „Einziges Fiasko!“ – und weitere Reaktionen, überhaupt nicht den Stil und den Inhalt der Zitierten. Je sachlicher alle Beteiligten, auch die Presse, mit dem für unsere Zukunft so wichtigen Thema umgeht, desto schneller ist auf Fortschritte zu hoffen.
    Peter Roth, München

  3. Vielleicht sollte man die Wärmepumpe nicht so in den Fokus als Heilmittel hochleben lassen … was Herr Ernst und Herr Hild ansprechen, finde ich sehr richtig.

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