Gemeinden können Fern- und Nahwärmenetze künftig leichter durchsetzen

Ein Einzelnachweis über konkreten Klimaschutzbeitrag ist nicht mehr nötig, wenn Anlagen die Vorgaben des EEWärmeG erfüllen.

LüKK-relevante Gerichtsurteile in cci Branchenticker (Abb. © Rafa Irusta/Fotolia.com) Städte und Gemeinden können die Nutzung von Wärmenetzen künftig leichter durchsetzen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht letztinstanzlich entschieden (Az.: BVerwG 10 CN 1.15, 8. November 2016). Die Urteilsbegründung: Der Anschluss- und Benutzungszwang an ein kommunales Nah- oder Fernwärmenetz kann ohne ein zusätzliches Fachgutachten angeordnet werden, wenn die Anlage die Vorgaben des Erneuerbare-Energien-Wärme-Gesetzes (EEWärmeG) erfüllt, also die erzeugte Wärme in einem bestimmten Mindestmaß aus Kraft-Wärme-Kopplung, Abwärme oder regenerativen Energien stammt. Ein konkreter Nachweis, dass das Wärmenetz dem Klimaschutz dient, ist dann überflüssig. Denn in diesem Fall hat bereits der Gesetzgeber durch die Regelungen im EEWärmeG entschieden, dass diese Form der Energieversorgung dem Klimaschutz dient. Der Wegfall des Gutachtens vereinfacht die Planung von Wärmenetzen deutlich, und die höhere Investitionssicherheit erleichtert Investitionen in klimafreundliche Wärmenetze. Auch wenn die Wärmeversorgung vor Ort nicht die Vorgaben des EEWärmeG erfüllt, ist ein Anschluss- und Benutzungszwang möglich, allerdings muss die Gemeinde dann wie bisher nachweisen, dass die Anlage im Vergleich zur dezentralen Gebäudebeheizung wirklich besser ist.

Das Bundesverwaltungsgericht hob ein Urteil des sachsen-anhaltinischen Oberverwaltungsgerichts auf, das eine Satzung über die teilweise Fernwärmeversorgung der Stadt Halberstadt für unwirksam erklärt hatte. Das Oberverwaltungsgericht habe nicht geprüft, ob das Wärmenetz den Anforderungen des EEWärmeG entspricht. Den Rechtsstreit in Gang gesetzt hatte eine lokale Wohnungsbaugenossenschaft.

Hintergrund
Viele Gemeinden wollen die Wärmeerzeugung und -verteilung im Gemeindegebiet oder in Teilen davon in die eigene Hand nehmen. Die erheblichen Investitionen rechnen sich aus kommunaler Sicht nur dann, wenn möglichst viele Gemeindebürger mitmachen (müssen). Mit dem sogenannten Anschluss- und Benutzungszwang können betroffene Bewohner zur Teilnahme verpflichtet werden. Diese Möglichkeit, die einen Eingriff in die Rechte der Bürger darstellt, ist an verschiedene Voraussetzungen geknüpft. Bislang war aufgrund der jeweiligen Gemeindeordnung meist der konkrete Nachweis erforderlich, dass die kommunale zentrale Wärmeversorgung im Vergleich zur dezentralen Versorgung einen signifikanten Beitrag zum Klimaschutz leistet. Dafür mussten die Kommunen regelmäßig kostspielige und zeitraubende Fachgutachten anfertigen lassen, was in vielen Fällen zu Verzögerungen oder sogar zum Aus der Projekte führte.
Andererseits gibt es verschiedene Bürgerinitiativen, die sich gegen einen Anschluss- und Benutzungszwang wehren. Und Ende 2015 wurde das erste Missbrauchsverfahren im Fernwärmesektor gegen ein kommunales Unternehmen abgeschlossen: Das Bundeskartellamt „überzeugte“ die Stadtwerke Leipzig, ihre überhöhten Fernwärmepreise zu senken.

 

Artikelnummer: cci44143

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