Leser helfen Lesern: Wie funktioniert und arbeitet ein Enthalpietauscher?

Funktionsweise der Feuchterückgewinnung (Winterfall) mit einem Enthalpie-Gegenstrom-Wärmeübertrager (Abb. © Polybloc)
Funktionsweise der Feuchterückgewinnung (Winterfall) mit einem Enthalpie-Gegenstrom-Wärmeübertrager (Abb. © Polybloc)

In unserer heutigen Frage in der Rubrik „Leser helfen Lesern“ geht es um den Einsatz von Enthalpietauschern in Lüftungsgeräten. Aber wie genau funktionieren diese eigentlich, welches sind die treibenden Kräfte?

Folgende Fragen kommen von Prof. Helmut Feustel, Sachverständiger und Verfasser des Fachbuchs „Kompendium der Lüftungs- und Klimatechnik“ (Neuauflage bei der cci Dialog GmbH):
Besonders in zentralen Wohnungslüftungsanlagen findet man immer mehr Rekuperatoren (Plattenwärmeübertrager), die aufgrund des Einsatzes von semipermeablen Membranen zur Trennung der Luftströme nicht nur sensible Wärme, sondern auch Feuchte übertragen können. Diese Rekuperatoren werden häufig „Enthalpietauscher“ genannt und können, besonders im Winter, einen Teil der mit der Abluft aus den Räumen entnommenen Feuchte auf die ins Gerät angesaugte trockene Außenluft übertragen. Die Messung der Feuchteübertragung erfolgt gemäß der DIN EN 308 „Wärmeaustauscher – Prüfverfahren zur Bestimmung der Leistungskriterien von Luft/Luft- und Luft/Abgas-Wärmerückgewinnungsanlagen“ (1997) bei einer Ablufttemperatur von 25 °C und einer relativen Feuchte von 50 % (etwa 9,9 g/kg absolute Feuchte). Diese Werte erscheinen mir, insbesondere bei Wohnungslüftungsanlagen, sowohl bei der Temperatur (etwas zu hoch) und besonders bei der Abluftfeuchte (viel zu hoch) unrealistisch zu sein. Um den Feuchteänderungsgrad eines solchen Enthalpietauschers auch für andere (praxisnähere) Randbedingungen bestimmen zu können, wäre es wichtig, die treibenden Kräfte für die Feuchteübertragung zu kennen und die Übertragungscharakteristik für unterschiedliche Werte der treibenden Kräfte. Daher meine Fragen:
Wie genau funktioniert ein Enthalpietauscher? Welches sind die treibenden Kräfte für die Feuchteübertragung? Wie verhält und verändert sich der Feuchteänderungsgrad in Abhängigkeit von unterschiedlichen Randbedingungen (Temperaturen, Feuchten?)

Wir leiten diese interessante Fragestellungen hiermit an unsere Leser weiter. Schicken Sie bitte Ihre Antwort an redaktion@cci-dialog.de. Wir sammeln die Antworten und werden Sie in cci Branchenticker veröffentlichen. Vielen Dank im Voraus.

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6 Kommentare zu “Leser helfen Lesern: Wie funktioniert und arbeitet ein Enthalpietauscher?

  1. Sehr geehrte Herren,
    recht herzlichen Dank für Ihre Hilfestellung. Über die Feuchteübertragung von Kondensationsrotoren gibt es Veröffentlichungen. Ist das auch für die hie beschriebenen Enthalpietauscher der Fall?
    Mit freundlichen Grüßen

    Helmut E. Feustel

    1. Diesmal meinerseits keine Meinungsäußerung zu den angesprochenen Inhalten, dafür aber wieder einmal zu den Begrifflichkeiten. Wie lange wollen wir in Fachkreisen noch Wärme, Feuchte und aktuell auch Enthalpie „tauschen“? Wogegen eigentlich? Wir wissen, dass es sich in all diesen Fällen um Übertragungs- (z. B. Wärmeübertragung) und nicht um „Tauschvorgänge“ handelt. Trotzdem schaffen wir es anscheinend nicht, das in unserer Fachsprache auch endlich so zum Ausdruck zu bringen. Schade!
      Noch nicht ganz aufgegeben hat es aber
      mit freundlichen Grüßen

      Ehrenfried Heinz

  2. Sehr geehrter Herr Feustel.
    Das Grundprinzip der Feuchteübertragung beim rekuperativen Enthalpieübertragern beruht auf dem Partialdruckausgleich der beiden durch eine permeable Membran getrennten Stoffströme.
    Die Feuchtigkeit diffundiert hierbei, von der feuchten zur trockenen Seite, durch eine luftdichte Polymermembran.
    Die treibende Kraft hierbei ist der Gradient des Wasserdampf-Partialdrucks zwischen Außenluft und Abluft. Hierdurch ergibt sich ein deutlicher Vorteil gegenüber anderen Systemen, wie z.B. einem Kondensationsrotor, bei dem für die Feuchteübertragung eine Taupunktunterschreitung auf der Oberfläche des Rotors nötig ist, also die Feuchteübertragung stark vom Temperaturunterschied der Luftströme abhängt.
    Bei Enthalpieübertragern kann die Feuchteübertragung ganzjährig und temperaturunabhängig erfolgen. Feuchterückgewinnungsgrade zwischen 55 und 65 % sind durchaus konstant erreichbar.
    Stichwort Hygiene:
    Gerade in Bezug auf die Lufthygiene haben rekuperative Enthalpieübertrager Vorteile. Die eingesetzte Polymermembran ist durchlässig für Wasserdampfmoleküle (etwa 0,2 Nanometer), nicht aber für Viren, Pilze oder Aerosole (50 Nanometer + x).
    Stichwort Norm-Bedingungen nach EN 308:
    Das Ziel der EN 308 ist ein Vergleich der Rückwärmzahlen bei einem definierten Betriebspunkt. Dass dies nicht zwingend der Hauptbetriebsbereich in der späteren Praxis ist, ist hierbei untergeordnet. Dies kennt man auch aus anderen Normen, wie der DIN EN 16430 o.ä..

  3. Die Feuchteübertragung bei einem Enthalpietauscher ist über die Dampfdruckdifferenz zwischen der Abluft und der Aussenluft getrieben. Das heisst konkret, dass der Feuchteunterschied in g/kg Luft entscheidend ist für die Richtung und die effektive Menge der übertragenen Feuchte. Ein Enthalpietauscher der Firma Polybloc hat ca. 60 bis 65% Rückfeuchtzahl bei 2m/s Anströmgeschwindigkeit. Der Feuchtunterschied zwischen Abluft und Aussenluft hat auf die Rückfeuchtzahl keinen Einfluss. Daher spielt es keine Rolle, ob die Ablufttemperatur und Feuchte nicht einem realen Fall entspricht. Die Rückfeuchtzahl von 60 bis 65% bleibt auch bei realistischen Bedingungen gleich. Üblicherweise werden die Enthalpietauscher bei -12°C/90%r.F. Aussenluft und 22°C/40%r.F. Abluft ausgelegt. Im Durchschnitt ergibt sich dann bei 75% Wärmerückgewinnung und 65% Feuchterückgewinnung eine Zuluftkondition von 13.5°C / 49.2%r.F. / 4.68g/kg Feuchte. Bei 20°C Raumtemperatur entspräche dies 32.4%r.F.
    Dazu ist noch zu sagen, dass bei einer höheren Feuchte in der Aussenluft (,vor allem heisse Sommertage) gegenüber der Abluft die Feuchtigkeit von der Aussenluft in die Fortluft übertragen wird. Dadurch kann eine enorme Menge an Kühlleistung durch Entfeuchtung der Zuluft eingespart werden.

    Zum Thema Hygiene kann gesagt werden, dass Viren, Bakterien und Keime über die Membrane nicht übertragen werden. Hier spielt lediglich die interne Leckage (resultiert je nach Ventilatorenstellung in eine Abluftübertragungsrate) eine Rolle, welche jedoch mit 0.5% nicht höher ist, als bei einem Aluminiumwärmetauscher.
    Weitere Informationen liefere ich gerne auch persönlich. Gerne helfe ich bei Anfrage auf lorenz.weber@polybloc.com weiter.

  4. Die Frage von Herrn Feutstel kann ich leider nicht beantworten, aber bestätigen, dass Hersteller gern völlig unrealistische Rahmenbedingungen verwenden, um die Leistung ihrer Produkte zu schönen. So gibt beispielsweise ein großer deutscher Hersteller von Luftentfeuchtern für seine kleinen Geräte für die Luftentfeuchtung z. B. im Keller die Entfeuchtungsleistung nur bei 30°C und 80 % r.F. an. Wer hat solche Bedingungen schon mal im Keller erlebt? Und wie rechnet man das um auf 15°C und 70% r. F.?
    Peter Rietschel, BGN

  5. Die Fragestellung wäre vielleicht auch um Hygieneaspekte zu erweitern. Wie sicher sind Enthalpietauscher gegen die Übertragung von Viren und Keimen?

    Hintergrund: Gerade bei Nachrüstungen innerhalb der Bundesförderung Corona-gerechte stationäre raumlufttechnischen Anlagen (Neueinbau stationäre RLT-Anlagen) scheint die Anwendung in Schulen durch Feuchterückgewinnung im Winter und den Verzicht auf einen Kondensatanschluss sehr interessant.

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