Ich bin immer noch schwer beeindruckt von der ISH in der letzten Woche: Es war ja meine Premiere als Geschäftsführer und Inhaber der cci Dialog GmbH, nachdem es vor zwei Jahren nur eine digitale Ausgabe der Messe gab.
Mein Fazit ist: Die Branche ist bereit für die Energiewende, insbesondere das Angebot an Wärmepumpen aller Art war unglaublich.
Ungeachtet dessen deuten brancheninterne Zahlen klar auf einen beginnenden Schlussverkauf der fossilen Heizungen hin. „Unsere Betriebe erleben zurzeit einen Run auf Gas- und Ölkessel“, sagte anlässlich der ISH Helmut Bramann, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Sanitär Heizung Klima (ZVSHK), der rund 49.000 Handwerksbetriebe vertritt. Schon im Januar hatte sich der Absatz von Ölkesseln in Deutschland mehr als verdoppelt. Es wurden insgesamt 5.231 Anlagen verkauft, ein Zuwachs um 103 % gegenüber dem Vorjahresmonat. Immerhin: Die höchsten Zuwächse verzeichnet weiter die Wärmepumpe: Die Verkaufszahlen lagen zu Jahresanfang mit 29.000 Geräten um 137 % über dem Vorjahreswert.
Mich überraschen diese Zahlen ganz und gar nicht, im Gegenteil. Der vor drei Wochen bekannt gewordene Gesetzesentwurf, dass ab 1. Januar 2024 nur noch der Einbau von Heizungen erlaubt sei, die zu mindestens 65 % mit „erneuerbarer“ Energie betrieben werden, musste diese fossile Heizungsrallye auslösen. Denn viele Fragen sind noch nicht geklärt: Die Installation einer Wärmepumpe wird technisch nicht bei allen Immobilien möglich sein. Was ist dann die Alternative? Im Gespräch sind Hybridlösungen, wie sieht es damit konkret aus? Gibt es genug Installateure? Was ist mit den Menschen, die sich keine Wärmepumpe leisten können? Welche staatlichen Förderungen sind überhaupt realistisch angesichts der angespannten öffentlichen Haushaltslage?
Angesichts dieser Unklarheiten ist der Termin im Januar 2024 vollkommen unrealistisch. Nötig ist jetzt, dass die Politik die Antworten auf die vielen ungeklärten Fragen gibt und einen realistischen Zeitplan vorlegt. Die Energiewende kann nur mit den Menschen funktionieren und nicht gegen sie. Da meistens die Kosten der wichtigste Entscheidungsfaktor für oder gegen eine Anschaffung sind, muss es sich für den Verbraucher finanziell lohnen, sich für eine Wärmepumpe zu entscheiden. Der Staat muss hier nur die richtigen Rahmenbedingen schaffen. Im Fokus stehen dabei vor allem – neben dem Anschaffungspreis – ein günstiger Strompreis.
Was meinen Sie dazu?
Ich wünsche Ihnen noch eine gute Woche, bleiben Sie gesund!
Ihr Florian Fischer
florian.fischer@cci-dialog.de
cci199215
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Lieber Herr Fischer, Sie haben ja so Recht. Dass diese unausgegorene Gesetzesvorlage überhaupt an die Öffentlichkeit gelangte, war ein Eigentor der Ampel in Berlin sondergleichen. Meine Frau – und sicher nicht nur sie – war einem Nervenzusammenbruch nahe, als sie das Ansinnen gelesen hatte. Als Alleinverdiener der Familie mit 3 Kindern in den 70er bis 90er Jahren haben wir unser Häusle bei dem damaligen Zins (um die 10%) mehr als 3-fach bezahlt. Es ist wirtschaftlich kaum „Wärmepumpen-geeignet“, noch dazu mit einer „Einrohrheizung“ (die wir uns nicht ausgesucht hatten). Man musste bei den ersten Berichten über das Gesetz annehmen, das man es uns nun „einfach so“ wegnehmen will – zumal man von einigen Grünen hört, dass „Einfamilienhäuser verboten gehören“. Hoffen wir für alle, dass in Berlin rechtzeitig die Vernunft gewinnt, denn so erweist man dem Klimaschutz eher einen Bärendienst.
Zu Ihrer Bemerkung, dass diese ISH für Sie eine Premiere darstellte, möchte ich anmerken, dass die ISH 2023 für mich insofern besonders war: dieses Jahr sollte/wollte ich als „BACman“ zur 25-Jahr-Feier der BIG-EU (BACnet Interest Group Europe) und vor 60 Jahren war ich im 3. Lehrjahr mit meinem Lehrmeister (Paul Volland, Nürnberg) zum 1. Mal auf der ISH,
30 Jahre später 1993 war ich im ISH Messeausschuss als Vertreter des VDMA und Standleiter bei Siemens. Mein alter Lehrmeister kam vorbei, erkannte mich und rief mit Tränen in den Augen: „mein Hansi!“ (Ich begann die Lehre mit 14).
Ja er war es, der mich ermutigte den 2. Bildungsweg zu beschreiten und dann zu studieren. Damals war unser Motto „Every Workday for Future“ – im Gegensatz zu der fehlgeleiteten Jugend von „Frei-day for Future“.
Ich hoffe, das die ISH 23 Ihnen und für unsere CCI viele gute Kontakte erbracht hat.
Ihr „alter“ Artikel- und Buch-Autor
Hans Kranz
Hallo Herr Kranz, vielen Dank für ihren Kommentar. Ich habe drei Fragen dazu: Wurde nicht das Vorhaben, sich von den fossilen Heizsystemen zu verabschieden, bereits vor einigen Jahren von der CDU-geführten Regierung beschlossen? Sind die aktuellen Entscheidungen nicht „nur“ die Folge von vor Jahren getroffenen Beschlüssen?
Zum anderen: Von welchem „Grünen“ haben Sie denn gehört, dass man Einfamilienhäuser verbieten möchte?
Herzliche Grüße
Thomas Reuter
Meine Antwort an Hans Kranz:
Das Thema Klimaentwicklung, CO2-Anstieg und Energieverbrauch sind nach meiner Ansicht hinlänglich bekannt und in der Bevölkerung angekommen. Ja, es ist auch korrekt, dass noch viel zu tun ist oder getan werden muss um die ambitionierten Klimaziele zu erreichen.
Hier ist der Staat gefordert, mit gutem Beispiel voran zu gehen und seine Liegenschaften kurzfristig energetisch auf neuesten Stand zu bringen und dies auch der Bevölkerung zu vermitteln. Hier versteckt sich viel Potential, das zur Sanierung ansteht.
Ungeachtet dessen erlässt Herr Habeck Gesetze, die die Bevölkerung zwingen, teure Erneuerungen von ihren Heizsystemen vorzunehmen. Der Bestand wird eben so wenig kritisch betrachtet wie die Wirtschaftlichkeit erneuerter Heizsysteme sich für den Verbraucher darstellt. So wie der Industrie muss auch dem Bürger das Recht eingeräumt werden, seine Investition nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten abzuwägen.
Ich unterstütze jegliche Anstrengung, teure Energie einzusparen. Dies hat mich auch während meines Berufslebens immer begleitet. Es wurden jedoch auch Grenzen deutlich, die dazu führten, dass Maßnahmen aus unterschiedlichen Umständen nicht sinnvoll umgesetzt werden konnten.
Dies bringt mich nun zum Punkt der ehrlichen, realistischen und nicht ideologisch geprägten Darstellung. Auch Interessen von Lobbyisten sollten in der Berichterstattung und Betrachtung von Energieeinsparmaßnahmen außen vor bleiben. Hier seien nur einige Themen angeführt, die ich zu einer offenen Darstellung zähle.
Die Wärmepumpe hat den Vorzug, bestehende Heizsystem zu ersetzen. Hier wird nicht darüber berichtet, ob ausreichend Strom vorhanden ist. Neben der Verfügbarkeit von Strom fehlt eine klare Aussage, ob die Netze, und hier spezifisch die lokalen Netze in den Kommunen so ausgelegt sind, dass sie den Strombedarf decken können. Diese Beurteilung ist vor dem Hintergrund der steigenden E-Mobilität noch kritischer zu hinterfragen. Der Verbraucher wird auch nur Ansatzweise über die Energiekosten informiert, die während der Heizperiode entstehen. Ab bestimmten Außentemperaturen wird bei der Wärmepumpe zusätzlicher Strom benötigt um die erforderlichen Vorlauftemperaturen zu erreichen. Dies auch bei Niedrigtemperatursystemen. Meist nur am Rande erwähnt, ist die Tatsache, dass beim Einsatz einer Wärmepumpe auch die Leistung der Heizkörper zu prüfen ist. Hier können zusätzliche Maßnahmen und damit Kosten erforderlich werden, da im Bestand die Leistung der Heizkörper nicht auf niedrige Vorlauftemperaturen ausgelegt sind. Damit kommt nun auch das Thema Gebäudedämmung ins Spiel. Doch dazu später.
Eine weitere, diskutierte Variante sind kleine Verbund-/ Fernwärmesysteme, wie sie in Siedlungen zum Einsatz kommen könnten. Hier kämen Blockheizkraftwerke (BHKW) zum Einsatz, die mit Gas, auch Biogas betrieben werden müssen/können. Blockheizkraftwerke kann man nach zwei unterschiedlichen Betriebsweisen betreiben. Stromgeführt oder wärmegeführt. Bei einer wärmegeführten Betriebsweise wird das BHKW unwirtschaftlich oder im Sommer abgeschaltet. Wird das BHKW jedoch stromgeführt betrieben, so kann man zwar ganzjährig Strom erzeugen, hat jedoch im Sommer das Problem die anfallende Wärme nicht wirtschaftlich nutzen zu können.
Geht man das Thema Wärmedämmung im Bestand an, so kommen mehrere Gesichtspunkte in Betracht. So beginnt das mit der bereits seit Jahren fokussierten Dämmung der oberen Geschossdecke. Bei der Gebäudedämmung ist zu berücksichtigen, ob ein ausreichender Dachüberstand vorhanden ist. Weiterhin sind die Fenster zu betrachten, ob hier nicht auch ein Austausch nötig ist, was der Außendämmung voranzustellen ist. Unabhängig vom Austausch der Fenster sind im Rahmen der Dämmung auch die äußeren Fensterbänke zu ersetzen.
Denkt man nun auch noch an Solarthermie oder Photovoltaik, so ist zumindest bei älteren Liegenschaften der Zustand des Daches sowie des Dachgebälkes zu prüfen. Nicht, dass hier dann auch noch nicht kalkulierte Kosten kommen. Auch ist zu berücksichtigen, dass beide Systeme sowohl ihre Stärken aber auch ihre Schwächen haben. Die Sonne liefert halt mal nicht immer die Energie, die ich zu einem bestimmten Zeitpunkt benötige.
Ist all das umgesetzt, so muss man möglicherweise auch noch an ein Lüftungssystem denken um für eine ausreichende Belüftung zu sorgen und Schimmelbildung zu vermeiden.
Addiert man all die Kosten, stellt sich die Frage, ob ein Neubau nicht doch wirtschaftlicher gewesen wäre.
Nun will Herr Habeck alle Maßnahmen mittels Subventionen und Fördermaßnahmen unterstützen. Das ist sicher in der Sache hilfreich. Wie sollen diese dann aussehen? Förderung über die KfW um dann Investitionen direkt oder über einen Kredit zu unterstützen. Hier ist zu berücksichtigen, dass KfW Kredite nur über eine Bank im Rahmen von Kreditmaßnahmen vergeben werden. Ab einem bestimmten Alter erhält man aber u. U. keinen Kredit mehr, um eine der genannten Möglichkeiten zur Energieeinsparung in Angriff nehmen zu können.
Mein Appell an die Medien ist die Bitte um eine sachliche Darstellung mit allen Fakten. Der Appell an Herrn Habeck ist, nicht alles mit Gesetzen regeln zu wollen und ehrlich und sachlich alle Aspekte zu kommunizieren. Der mündige Bürger ist mündig genug, sich mit dem Thema Klimaerwärmung und Energieeinsparung auseinanderzusetzen.
Reiner Lins
Hallo Herr Lins,
danke für Ihren ausführlichen Kommentar. Sie beleuchten die wirtschaftlichen und technischen Aspekte beim Wechsel des Heizsystems sehr gut. Allein daran erkennt man, dass man dies wohl kaum alles in einem Gesetz berücksichtigen kann. Sinnvoller ist es vielmehr, mit klaren Anreizen die Menschen zu motivieren, in die „richtige Richtung“ zu gehen.
Beste Grüße
Florian Fischer
Lieber Herr Kranz,
vielen Dank für Ihre zustimmenden Zeilen. Wir haben zuhause auch ein Einrohrsystem, man hat das vor gut 40 Jahren gemacht, um Kosten zu sparen. Inwieweit dieses Einrohrsystem kompatibel mit einer Wärmepumpe ist, ist die große Frage. Ich befürchte, dass mir auch Experten mangels Erfahrungen damit keine seriöse Antwort geben können.
Beste Grüße
Florian Fischer
Lieber Herr Fischer,
ein Einrohrsystem ist nicht grundsätzlich inkompatibel mit Wärmepumpen, es gibt aber doch einen entscheidenden Nachteil. Da das Heizwasser von Heizkörper zu Heizkörper abkühlt, muss, damit die Heizleistung am letzten Heizkörper noch ausreicht, die Vorlauftemperatur entsprechend höher als im Zweirohrsystem sein. Und genau darunter leidet die Effizienz (Leistungsziffer) der Wärmepumpe.
Bei Außentemperaturen von deutlich unter 0 °C, einer Luft/Wasser-Wärmepumpe und Vorlauftemperaturen in der Größenordnung 80 °C wird die Leistungsziffer vermutlich kaum größer als 1 sein. Klingt ja erstmal harmlos, aber das bedeutet quasi eine reine Stromheizung (wie z.B. die Nachtspeicherheizung).
Solange noch Strom durch Kohle- oder Gaskraftwerke produziert wird wäre es geradezu ökologisch absurd, zu verlangen, Gas- oder Ölheizungen in Altbauten durch Wärmepumpen zu ersetzten.
Das perfife ist, dass der Normalbürger die Leistungsziffer gar nicht erfährt, weil neben dem Stromzähler dafür ein (teuer) Wärmemengenzähler notwendig wäre, der üblicherweise nicht verbaut wird.
Meiner Meinung nach sollte man die Wärmepumpe in Neubauten unterstützen. Wenn nach dem Abschalten der ganzen konventionellen Kraftwerke und dem Betrieb von Elektroautos das Stromnetz noch stabil läuft und der Strom noch bezahlbar ist, könnte man den Einsatz von Wärmepumpen in Altbauten in Erwägung ziehen.
Beste Grüße
Udo Gieseler
Hallo Herr Fischer,
ich stimme Ihnen voll zu. Mit abenteuerlichen Zeitplänen gegen die Menschen zu arbeiten und dabei auf nur eine einzige Technologie zu setzten ist m.E. buchstäblich „Irrsinn“.
Beste Grüße
Prof. Dr. Udo Gieseler
FH Dortmund