cci Forum: Gilt die Ökodesign-RLT-Verordnung für den Neubau einer Produktion?

Ein Unternehmen plant ein neues Produktionsgebäude. Der Generalplaner ist der Meinung, die Ökodesign-Verordnung sei für ein Produktionsgebäude nicht einzuhalten. Zudem sind die Außenluft-Zuluft- und die Abluft-Fortluft-Anlagen räumlich getrennt. Zum Einbau von Hochleistungs-Kreislaufverbundsystemen zur Wärmerückgewinnung konnte der Generalplaner nicht überzeugt werden (wir sprechen hier von 500.000 m³/h Luftvolumenstrom). Der Berater des Bauherrn besteht auf Einhaltung der Verordnung, jedoch verweist der Generalplaner auf Platzprobleme.
Frage: Ist für dieses Projekt die Ökodesign-Verordnung einzuhalten oder nicht?“

Antworten der Leser

1.
Die Verordnung 1253/2014 lässt auch in diesem Fall  meines Erachtens wenig Spielraum, da die Ausnahmen definiert sind. Siehe Verordnung 1253/2014 Artikel 1 Punkt 2  (Prozessluftgeräte, Ex-Geräte etc.) .
Platzprobleme sind ein generelles Thema, da Lüftungsgeräte mit einer max. Geschwindigkeit von  1,8 bis 2,0 m/s im lichten Querschnitt geplant werden müssen, um die Ökodesignverordnung in der zweiten Stufe, die ab 1. Januar 2018 gilt, zu erfüllen. Hierfür gibt es Möglichkeiten, wie z. B. wetterfeste Geräte aufstellen, Abweichung vom Rastermaß der Filter, Technikzentralen vergrößern und Ähnliches. 
Was auch beachtet werden sollte, ist, dass Hersteller von RLT-Geräten momentan selbst verantwortlich sind, ERP-konforme Geräte in Verkehr zu bringen. Da ein Verstoß gegen die Verordnung mit sehr empfindlichen Strafen geahndet wird/werden kann, wird vermutlich kein Hersteller von RLT-Geräten innerhalb der EU Lüftungsgeräte liefern, die nicht der Verordnung entsprechen (von oben genannten Ausnahmen natürlich abgesehen).

Andreas Grinda

2.
Es gibt hier mehrere Sichtweisen, die unterschiedliche Bewertungen hinsichtlich einzuhaltender Gesetze bieten.

Sicht der EnEV
Die EnEV schreibt für Lüftungsgeräte > 4.000 m³/h den Einsatz einer WRG vor. Ausnahmen, wenn innerhalb der Lebensdauer keine Amortisation möglich ist – das scheidet hier wohl aus – bzw. wenn große Abwärmemengen vorhanden sind und die Lüftung hauptsächlich zur freien Kühlung eingesetzt wird – wäre das wohl zu erwarten.
 Bei Luftvolumenströmen von 800.000 m³/h kann man auch nicht von einer reinen Prozessluftanlage reden. Dann wäre es u. U. auch eine Ausnahme.
Die Verantwortung zur Einhaltung der EnEV liegt beim Bauherrn, ersatzweise beim Planer. Ohne alle Details zu kennen, würde ich hier eine WRG erwarten.
Aus Sicht der Ökodesignrichtlinie
Bei getrennt aufgestellten Zuluft- und Abluftanlagen ist der Einsatz einer WRG nicht Pflicht. Hier wäre es durchaus zulässig, die Geräte ohne WRG auszurüsten, allerdings dürften sie nicht unmittelbar zusammen stehen und damit als Kombigerät gelten.
Wenn allerdings die EnEV-Bewertung zum Einsatz einer WRG führt, muss die Mindesteffizienz von 68 % bei Geräten mit KVS erfüllt werden.
Für die Einhaltung der Ökodesignanforderung liegt die Verantwortlichkeit beim Gerätehersteller.
Aus Sicht der Ökodesignrichtlinie sind die vorgesehenen Geräte als Lüftungsgeräte zu werten, wenn sich in den Produktionsbereichen Menschen bestimmungsgemäß aufhalten. Hier gäbe es auch noch eine Ausnahmeregelung, wenn der Außenluftanteil im Winter immer <10 % der Lüftungsluftmenge beträgt.
Aus Sicht der Vernunft
800.000 m³/h Luft ohne eine Wärmerückgewinnung halte ich nicht für sinnvoll, es sei denn, man benötigt die Luft ausschließlich zur Wärmeabfuhr.
Gerne können wir hier eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung machen, aber meiner Einschätzung nach ist eine Amortisation im Bereich von fünf Jahrenzu erwarten, aber dafür müsste man alle Randbedingungen kennen.
Martin Törpe, AL-KO

3.
Zu dieser Leseranfrage kann man nur feststellen: Wenn man an der falschen Stelle sucht, wird man nie das Richtige finden…Die Ökodesign-Verordnung gilt für das Inverkehrbringen von Produkten. Für ein Bauvorhaben auf dem Territorium der Bundesrepublik Deutschland gilt deutsches Baurecht. Beides muss sorgfältig auseinandergehalten werden. Zum Baurecht gehört hinsichtlich der Energieeffizienz das Energieeinspargesetz und darauf beruhend die Energieeinsparverordnung (EnEV). Für Gebäude, die aus ihren Nutzungsanforderungen ganzjährig thermisch zu konditionieren sind, und davon kann bei einer Produktion ausgegangen werden, sind die Vorschriften aus § 15 EnEV für die raumlufttechnischen Anlagen einschließlich der Anforderungen an die Mindestqualität der Wärmerückgewinnung zwingend einzuhalten. Diese Randbedingung wäre bereits in der planerischen Grundlagenermittlung festzustellen gewesen und hätte Einfluss nehmen müssen, wie in einem nächsten Planungsschritt der Platz für die Aufstellung der Geräte festgelegt wird. Wenn im Nachhinein kein Platz für die Wärmerückgewinnung mehr gefunden wird, handelt es sich in der Regel um einen Planungsmangel, für den der Planer haftet, eine Unwirtschaftlichkeit der WRG kann daraus nicht hergeleitet werden.Anders sieht es ausschließlich dann aus, wenn durch Auswahl der Abluft-Absaugstellen die Abluft ganzjährig auf einem Temperaturniveau abgesaugt wird, das eine Wärme- bzw. Kälterückgewinnung physikalisch unmöglich macht, d. h. wenn im Winter aufgrund ausreichend Produktionsabwärme kein Heizbedarf besteht (z. B. wenn im Winter die Beimischung von nicht vorgewärmter Außenluft zur Umluft für Luftwechsel und Kühlung ausreicht) und im Sommer die Abluft mit Temperaturen dauerhaft über 32 °C aus der Halle abgeführt wird, sodass praktisch keine „Kälterückgewinnung“ erfolgen kann. In diesem Fall verliert die Wärmerückgewinnung ihren Sinn.Werner Niklasch, Sachverständiger/Fachreferent Energieeffizienz, Bauphysik und Klima, TÜV Technische Überwachung Hessen GmbH

Artikelnummer: cci56402

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