Mittlerweile widmen auch Tages- und Wirtschaftszeitungen, Magazine und das TV (auch mit Wärmepumpen-Werbung) dem Thema Wärmepumpe größere Beiträge, um die Bevölkerung auf den Paradigmenwechsel in der Heizungstechnik vorzubereiten. Es gibt hier aber noch einige offene Fragen.
In Deutschland existieren rund 21 Mio. Wärmeerzeuger. Davon sind derzeit lediglich etwa 1,1 Mio. Wärmepumpen; es dominieren immer noch Öl und Gas. Bis 2030 sollen als Zwischenziel durchschnittlich etwa 600.000 Wärmepumpen pro Jahr neu installiert werden – was jegliche weitere Öko-Heizsysteme an den Rand der Bedeutungslosigkeit zu drängen scheint. Führende Heiztechnikunternehmen berichten von Umsatzzuwächsen bei Wärmepumpen bis etwa 40 % und planen massive Investitionen, wie zum Beispiel Viessmann.
Der Realisierung dieser Wärmepumpeneuphorie stehen aus meiner Sicht aber mehrere Herausforderungen gegenüber, von denen einige zur Zeit nicht oder kaum geklärt sind.
Bei den zur Produktion der Geräte benötigten Rohstoffen und der Mikroelektronik herrscht derzeit und auf unbestimmte Zeit ein eklatanter Mangel, der auch weitere Industriezweige trifft. Wo sollen diese für einen so starken Anstieg der Wärmepumpenzahlen herkommen? Wie stark werden dadurch die Preise für Wärmepumpen steigen? Sind die Hersteller tatsächlich in der Lage, diese Mengen herzustellen? Zum Vergleich: 2021 wurden in Deutschland 154.000 Wärmepumpen verkauft, davon 124.000 Luft/Wasser-Wärmepumpen.
Wärmepumpen benötigen Strom zum Betrieb, ebenso für die von der Politik stark präferierten Elektrofahrzeuge. 600.000 neue Wärmepumpen benötigen (grob gerechnet) etwa zwei Mrd. kWh Strom pro Jahr. Wo soll dieser Strom, bei einem gleichzeitig vorgesehenen Kohleausstieg in Kraftwerken und einer eher schleppend verlaufenden Stromerzeugung aus regenerativen Energien, herkommen? Soll künftig bei jeder Installation einer Wärmepumpe gleichzeitig eine entsprechend leistungsstarke Photovoltaikanlage plus Stromspeicher mitverkauft werden, um sie autark betreiben zu können?
Hinzu kommen Engpässe im Handwerk (Fachkräftemangel, nötige Aus- und Fortbildung im Bereich Wärmepumpe) und Fragen, mit welchen Kältemitteln und unter welchen Rahmenbedingungen (Sicherheit) Wärmepumpen künftig betrieben werden sollen.
Ja, auch ich sehe in Wärmepumpen eine sehr gute Technik zur künftigen Beheizung (und teils auch zur Kühlung) von Gebäuden. Allerdings sollte man (auch die Politik) die Prognosen für die kommenden Jahre an die derzeitigen Entwicklungen und Rahmenbedingungen anpassen und realistisch(er) betrachten und einordnen. Und das nimmt leider der Wärmepumpen-Euphorie und damit auch der Energiewende im Gebäudesektor ein wenig den Wind aus den Segeln.
Beste Grüße, Ihr Dr.-Ing. Manfred Stahl
cci175125
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Ich schließe mich der allgemeinen Meinung an, dass die Verfügbarkeit von elektrischem Strom zum Problem werden könnte. PV Anlagen liefern in der kalten Jahreszeit, sagen wir zwischen November und Februar, wegen der verkürzten Tage, dem häufiger bewölktem Himmel und dem tieferen Sonnenstand nur einen Bruchteil ihrer Leistung. Zur gleichen Zeit wird aber der maximale Strom von den Wärmepumpen benötigt. Diese Rechnung geht nicht auf. Es müsste gelingen, den Strom aus den lichtreichen Monaten dauerhaft zu speichern, damit er im Winter zur Verfügung steht. das ist eine technische Herausforderung.
Mir scheint es, dass diese Realität häufig ignoriert wird.
mfG
D. Rossbruch
Sehr geehrter Herr Stahl,
ich teile Ihre Einschätzung voll und ganz. Hinzu kommt die Fragestellung der F-GaseVO. Wenn man sich die Seiten der „großen“ Hersteller anschaut, findet sich immer noch R410a als Kältemittel der Wahl. Es kann doch nicht ernsthaft so sein, das heute noch WP verkauft werden, deren Wartung und Reparatur ab 2025 und erst Recht ab 2030 derzeit ungelöst erscheint. Die heute verkauften Maschinen sind 2030 8 Jahre alt. Auf die Verkaufsgespräche bin ich gespannt. Ob Propan und CO2 für ein EFH sinnvoll ist kann ich nicht beurteilen.
Es handelt sich also nicht nur um einen Mangel an Ressourcen im Bereich Material und Arbeitskraft sondern auch an Planungssicherheit für Installation und Betrieb.
Zum Thema der Netzdienlichkeit dieser vielen neuen Stromverbraucher habe ich nicht genug Fachwissen. Ich kann mir aber vorstellen, das smart grid ohne die gezielte Zu- und Abschaltung der WP nicht funktioniert. Hierzu müsste es jedoch technische Lösungen im Bereich der IT Netzwerke inkl. IT Sicherheit, der notwendigen Schnittstellen und Protokolle geben und einen rechtlichen Rahmen für die Verantwortung für das externe Schalten von betriebstechnischen Anlagen, hier vor allem in öffentlichen Gebäuden, und dem ggf. eintretenden Schadenfall.
MfG M.Blumenthal
Herr Dr. Stahl,
Sie sprechen mir aus dem Herzen, die Frage stelle ich auch seit Jahren.
Nur fehlen mir die Antworten, während Wärmepumpen und E-Autos ohne Ende gepuscht werden.
Braucht es erst einen Zusammenbruch des Stromnetzes bis wir hier reagieren???
Bitte bleiben Sie weiter dran.