
Da ist er nun, der Koalitionsvertrag. Und auch das Gebäudeenergiegesetz ist noch da. Puh, ein Glück, denn es sollte ja abgeschafft werden. Ach nein, das war ja das „Heizungsgesetz“. Lassen wir diese Wortklauberei. Die Ohren spitzen sollte man bei dem Begriff „Paradigmenwechsel“, der im Rahmen der Vertragsveröffentlichung auch fiel.
In der vergangenen Woche war es soweit: CDU, CSU und SPD haben ihren Koalitionsvertrag veröffentlicht, der noch von den Parteien abgesegnet werden muss. Der Bundesindustrieverband Technische Gebäudeausrüstung (BTGA), Bonn, hat den Vertrag am 10. April als eine solide Grundlage der bevorstehenden politischen Maßnahmen im Gebäudesektor bewertet. Besonders begrüßt wird vom Verband, dass das Gebäudeenergiegesetz (GEG) laut Koalitionsvertrag „technologieoffener, flexibler und einfacher“ gestaltet werden soll (siehe cci295030). Aber Moment – sollte es nicht eigentlich vor Kurzem noch weg? „Wir werden das Heizungsgesetz abschaffen. Wir werden ein neues Recht schaffen, das einen Paradigmenwechsel weg von einer kurzfristigen Energieeffizienzbetrachtung beim Einzelgebäude hin zu einer langfristigen Betrachtung der Emissionseffizienz vollzieht“, hatten sich die Koalitionsparteien geäußert (Torsten Wiegand hatte sich in seinem Kommentar am 2. April über den ungenau genutzten Begriff „Heizungsgesetz“ ausgelassen: cci294025)
Was auch immer nun abgeschafft wurde: Das GEG ist es nicht. Das ist doch schon einmal eine gute Nachricht. Und dann soll es auch noch „technologieoffener, flexibler und einfacher“ werden – das ist die zweite frohe Botschaft. Aber Obacht. Es gibt einen Haken. Immer dann, wenn man den Begriff „Paradigmenwechsel“ hört, ist Vorsicht geboten. Nun finden es die Koalitionsparteien offenbar wichtiger als alles andere, dass in der Weiterentwicklung des GEG vor allem Emissionen reduziert werden sollen. Bislang ging es vor allem um Energieeffizienz. Ein umfassender Ansatz, der sowohl CO2-Vermeidung als auch Energieeffizienz umfasst, sei der Schlüssel zu einem zukunftsfähigen und nachhaltigen Gebäudesektor und in einer Weiterentwicklung des Gebäudeenergiegesetzes, mahnt der BTGA. Warum nicht das eine tun, ohne das andere zu lassen? Da ja energieeffiziente Gebäudetechnik zur Vermeidung von Emissionen beiträgt? Ist CO2-Vermeidung momentan das Thema, was sich in der Öffentlichkeit besser „verkaufen“ lässt? Fragen über Frage, auf die es – zumindest derzeit – (noch) keine Antworten gibt.
Wer nun aber frohlocken und als Gewinner aus der neuen Situation hervorgehen könnte, ist die Wärmepumpenbranche. Der Bundesverband Wärmepumpe (BWP), Berlin, sieht nach einer langen Durststrecke nun einen Hoffnungsschimmer für die Wärmepumpe am Horizont aufblitzen. GWP-Geschäftsführer Dr. Martin Sabel hat den Koalitionsvertrag sogleich kommentiert: „Positiv hervorzuheben sind das klare Bekenntnis zu einer deutlichen Absenkung der Strompreise für Verbraucher um 5 Ct/kWh sowie das Ziel, die Netzentgelte dauerhaft zu deckeln. Gleichzeitig wird eine Fortsetzung der Sanierungs- und Heizungsförderung angekündigt – das sind zusammengenommen klare Signale der Verbesserung von Rahmenbedingungen für die Branche.“
Ich habe noch die Live-Pressekonferenz des BWP vom Februar zur Präsentation der desaströsen Wärmepumpen-Absatzzahlen in Deutschland im Kopf (cci288997). Mich würde es freuen, wenn die nächste Jahresbilanz eine positivere Botschaft verkünden würde.
Neben der Wärmepumpenbranche könnte noch ein weiteres Thema neuen Auftrieb bekommen, denn im Kapitel „Bauen und Wohnen“ des Koalitionsvertrags wird – für mich eigentlich überraschend – der Digitale Zwilling aufgeführt. Und zwar nur wenige Zeilen nach den Ausführungen zum „Heizungsgesetz“. In Zeile 798 nachzulesen: „Building Information Modeling (BIM) wird zum zentralen Instrument der Digitalisierung des Bauwesens weiterentwickelt.“ Gar keine unspannende Lektüre, so ein Koalitionsvertrag!
Sabine Andresen
sabine.andresen@cci-dialog.de
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