Kontamination durch Umluft in RLT-Anlagen (2022) ist Thema einer HRI-Studie

In welchem Umfang werden in zentralen und dezentralen Lüftungsanlagen, die mit Umluft betrieben werden, Schadstoffe von der Abluft- auf die Zuluftseite übertragen? Wie stark werden diese verdünnt, und kann von diesen eine Gesundheitsgefährdung ausgehen? Diese Fragen hat das Hermann-Rietschel-Institut (HRI) in einer Studie untersucht.

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Durch den Einsatz von RLT-Anlagen mit Außenluft-Zuluft-Fortluft-Betrieb können in Räumen Konzentrationen von Viren, Bakterien, Geruchs- und weiteren Schadstoffen effektiv verringert werden. Es gibt aber auch Anlagentypen und Betriebszustände, die entweder entgegen ihrer ursprünglichen Auslegung oder aufgrund ihrer Konfiguration ein Risikopotenzial darstellen. Dies ist der Fall, wenn belastete oder kontaminierte Abluft über die RLT-Anlage in bisher nicht kontaminierte Bereiche übertragen werden kann.
Um damit möglicherweise einhergehende Risiken abschätzen zu können, wurde am Hermann-Rietschel-Institut (HRI) an der TU Berlin die Studie „Übertragung von Kontaminationen durch Umluftbetrieb sowie Leckagen in zentralen und dezentralen Lüftungsanlagen“ durchgeführt. In dieser wurde untersucht, wie hoch Übertragungen von Kontaminationen

  • durch einen Umluftbetrieb der Lüftungsanlage und
  • durch Leckagen und Übertragungen in Wärmerückgewinnungssystemen

sind und welche Risiken davon ausgehen können. Neben einer dezentralen Lüftung für einen einzelnen Raum wurden in der Studie auch zentrale Lüftungssysteme mit einer unterschiedlichen Anzahl an angeschlossen Räume und Belegungen sowie verschiedenen Gesamtluftvolumenströmen auf Basis der Zuluft-Kategorien I, II und III der DIN EN 16798 Teil 1 „Eingangsparameter für das Raumklima“ betrachtet.

Zusammenfassung der Ergebnisse

Bei der dezentralen Anlage mit einem Umluftanteil von 40 % am Zuluftvolumenstrom liegt die Verdünnung der Raumluft durch die eingebrachte Außenluft bei 60 %. Da ein dezentrales System raumweise arbeitet, ist hier eine Übertragung von Schadstoffen in andere Räume über die RLT-Anlage ausgeschlossen.

Beim zentralen System erhöht sich die Verdünnung der Raumluft durch die Zuluft mit steigender Anzahl der versorgten Räume auf 80 % bis etwa 95 %. Diese Ergebnisse basieren auf der Annahme, dass sich unabhängig von der Anzahl der mit Zuluft versorgten Räume nur eine einzige Kontaminationsquelle (zum Beispiel eine Covid-infizierte Person) in nur einem der Räume befindet. Die Versorgung mehrerer Räume führt somit zu einem höheren Gesamtzuluftvolumenstrom im Vergleich zum dezentralen Fall. Die Verdünnung der Raumluft steigt, je geringer der Leckage- oder Umluftanteil am Zuluftvolumenstrom angesetzt wird.
Für die Untersuchungen wurde für ein kleines Büro (12 m²) ein Vergleich der Belastung pro m³ Raumvolumen als Maß für die Kontamination mit vier verschiedenen Lüftungsszenarien angenommen: unbelüftet sowie Außenluftvolumenströme gemäß DIN EN 16798 Teil 1 mit den Kategorien I (sehr gut), II (Standard) und III (moderat). Abschließend wurden für drei Bürogrößen (12 m², 40 m², 400 m²) die Belastungen für Fälle mit Umluftanteilen von 20 % und 40 % berechnet und mit den Luftvolumenströmen und -qualitäten nach Kategorie II und III der DIN EN 16798 Teil 1 verglichen. Außerdem wurde für eine Anlage ohne Umluft betrachtet, wie sich interne Leckagen von 5 % auswirken, die zum Beispiel in Wärmerückgewinnungssystemen auftreten können.
Bei allen Untersuchungen wurde der stets ungünstigste Fall angenommen und vereinfachte Berechnungen ohne die Wirkung von Luftfiltern durchgeführt. Bei Berücksichtigen einer Abscheideleistung der Filter in die Berechnungen ist mit einer weiteren Verringerung der Belastungen und Konzentrationen zu rechnen.

Die Ergebnisse der Untersuchungen zeigten, dass sich beim Betrieb der dezentralen Lüftungsanlage mit einem Umluftanteil von 40 % die Luftqualität der Zuluft um eine Kategorie gemäß DIN EN 16798 Teil 1 verschlechtert.

Demgegenüber ergab sich für zentrale Lüftungsanlagen, dass durch den Einsatz von Umluft das Übertragungsrisiko von Kontaminationen aus der Abluft zur Zuluft nur gering erhöht wird. Auch Übertragungen von Schadstoffen durch Wärmerückgewinnungssysteme (Annahme: 5 % Kurzschlussströmung) haben nur einen unerheblichen Einfluss. Dennoch sollte der Außenluftluftanteil stets möglichst hoch sein, um die Raumlufthygiene auf einem hohen Standard zu halten.

Hintergründe und Details zu den Untersuchungen

Zur Bestimmung des Einflusses der Übertragung von Kontaminationen im Umluftbetrieb sowie durch Leckagen bei einigen Wärmerückgewinnungsbauteilen werden drei typische Büroarten ausgewählt, deren Luftwechselraten abhängig von ihrer Belegung und Raumgröße berechnet werden. Diese Büros haben Flächen von 12 m² (vier Personen), 40 m² (15 Personen) und als Großraumbüro 400 m² (40 Personen). Die Raumhöhe wird mit 2,75 m angenommen. Die Tabelle zeigt die mit den Vorgaben der DIN EN 16798 Teil 1 berechneten Luftwechsel für die verschiedenen Büroarten nach den drei Kategorien der Zuluftqualität.

Luftwechsel nach DIN EN 16798 Teil 1 für die Büroarten und die drei Kategorien der Zuluftqualität (
Tabelle: Luftwechsel nach DIN EN 16798 Teil 1 für die Büroarten und die drei Kategorien der Zuluftqualität (alle Abb © HRI)

Abbildung 1 zeigt die Verdünnung des Zuluftvolumenstroms bei verschiedenen Umluftanteilen. Bei der dezentralen Lüftung wird nur ein Raum versorgt, bei der zentralen Lüftung bis zu sechs Räume mit jeweils identischer Größe und mit identischem Luftvolumenstrom. Das gleiche Ergebnis gilt für die Verdünnung durch interne Leckage von der Abluft in die Zuluft, da diese als Umluftanteil gewertet werden kann. Zu erkennen ist, dass die Verdünnung der Raumluft durch die Zuluft bei einem dezentralen System am geringsten ist. Je höher die Anzahl der durch das zentrale System versorgten Räume wird, umso größer ist die Verdünnung, da ja nur in einem Raum eine Kontaminationsquelle berücksichtigt wurde. Die prozentuale Verdünnung gilt allgemein, unabhängig von der Personenanzahl und der Raumgröße.

Verdünnung nach Leckage-/Umluftanteil für die verschiedenen Fälle
Abbildung 1: Verdünnung nach Leckage-/Umluftanteil für die verschiedenen Fälle

Aus Abbildung 2 wird die Notwendigkeit der stetigen Zuführung von unbelasteter Außenluft in die Räume deutlich. Bei einem nicht belüfteten Büro steigt die Partikelbelastung linear bereits in der ersten Stunde des Aufenthalts auf über 10.000 Partikel pro m³ Raumvolumen. Bei einem Luftwechsel von 5,7 h-1 (Kategorie I, siehe Tabelle) ergibt sich das beste Resultat mit weniger als 2.000 Partikeln pro m³ Raumvolumen. Diese Konzentration stellt sich bei einer Aufenthaltszeit von einer dreiviertel bis vollen Stunde ein und bleibt danach konstant. Insgesamt ist deutlich zu erkennen, dass mit steigendem Außenluftvolumenstrom die sich einstellende stationäre Konzentration naturgemäß geringer wird.

Partikelbelastung in einem kleinen Büro für vier Lüftungszustände mit einer emittierenden Person
Abbildung 2: Partikelbelastung in einem kleinen Büro (12 m²) für vier Lüftungszustände mit einer emittierenden Person

Abbildung 3 zeigt für ein dezentrales Lüftungssystem und drei Bürogrößen den Vergleich zwischen einer Belüftung nach Kategorie III und Kategorie II, einem Umluftanteil von 20 % und von 40 % am Zuluftvolumenstrom sowie bei einer internen Leckage von 5 %. Deutlich zu sehen ist, dass die Gesamtpartikelbelastung mit steigender Größe des Raums abnimmt.

Vergleich der Partikelbelastungen mit Belüftung im dezentralen Lüftungssystem nach DIN
Abbildung 3: Vergleich der Partikelbelastungen mit Belüftung im dezentralen Lüftungssystem nach DIN EN 16798 Teil 1 Kategorie II und III, 20 % und 40 % Umluftanteil am Zuluftvolumenstrom sowie 5 % Leckage, eine emittierende Person, 3 Büroarten

In dem kleinen Büro stellt sich die Partikelbelastung bei einem Luftwechsel nach Kategorie II nach etwa einer Stunde auf ein Maximum von 2.750 Partikel pro m³ Raumvolumen ein. Im mittleren Büro sinkt das Maximum auf 750 Partikel pro m³ Raumvolumen, im Großraumbüro sind es nach rund zwei Stunden nur 175 Partikel pro m³ Raumvolumen.
Gleichzeitig zeigen die Grafiken in Abbildung 3 die sich bei einer Zumischung von Umluft zur Zuluft einstellenden Zustände. Die Partikelbelastung erhöht sich in den drei Büroarten, je geringer der Außenluftanteil am Zuluftvolumenstrom wird. Dabei ist eine Tendenz deutlich zu erkennen: Bis auf geringe Differenzen führt ein Umluftanteil von 40 % bei einem Volumenstrom nach Kategorie II etwa zu einer Verringerung der Luftqualität auf die Kategorie III. Bei einem Umluftanteil von 20 % fällt die Partikelsteigerung deutlich geringer aus und liegt näher an der Kategorie II. Interne Leckagen von 5 % wirken sich unerheblich aus. Werden mehrerer Räume durch ein zentrales System versorgt, ist die Verdünnung der Partikelbelastung signifikant höher (siehe Abbildung 1). Dies führt bei einem Umluftanteil von 20 % und 40 % zu deutlich geringeren Maxima.

Die Autoren des Originalbeitrags sind Claudia Kopic, Stefan Brandt und Prof. Martin Kriegel, Hermann-Rietschel-Institut, Technische Universität Berlin. Der Beitrag wurde für cci Wissensportal von Dr. Manfred Stahl zusammengefasst und von Prof. Kriegel durchgeschaut.
Der Link zum Originalbeitrag ist hier (https://depositonce.tu-berlin.de/bitstream/11303/16674/5/kopic_brandt_kriegel_2022.pdf).

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