Es ist die LüKK-Meldung der vergangenen Woche, wenn nicht gar des ganzen Jahres. Für rund 7,4 Mrd. € will die schwäbische Bosch-Gruppe Teile des Geschäfts von Johnson Controls, Cork/Irland, erwerben. Das ist aus dreierlei Gründen bemerkenswert – aber irgendwie auch alles schon mal dagewesen.
Mit der Übernahme des weltweiten Heizungs-, Lüftungs- und Klimageschäfts für Wohngebäude und kleine Gewerbegebäude von Johnson Controls will sich Bosch gegen rückläufige Geschäfte im Automobilbereich wehren (siehe cci279072). Im Zuge dieses Deals soll auch das Gemeinschaftsunternehmen Johnson Controls-Hitachi Air Conditioning (JCH), Tokio/Japan, übernommen werden. Das ist aus dreierlei Sicht bemerkenswert.
Erstens ist davon auszugehen, dass Johnson Controls durch die Verkäufe Kapital für die Entwicklung von KI-Lösungen und Dienstleistungen in seinen Hauptgeschäftsfeldern Gebäudetechnik und Industriedienstleistungen beschaffen will. Da wird man früher oder später wieder mit der LüKK ins Geschäft kommen wollen.
Zweitens ist es noch keine zehn Jahre her, dass sich Johnson Controls als Mischkonzern mit US-amerikanischen Wurzeln von seinem Automotive-Geschäft trennte und nun das LüKK-Geschäft ausgerechnet von einem Unternehmen weitergeführt werden soll, das bisher vor allem im Automotive-Bereich seine Stärken hatte.
Drittens – und davon dürfte es für meinen Geschmack mehr geben – geht damit ein deutsches Unternehmen im globalen Supermarkt der Unternehmen einkaufen. Zuletzt waren deutsche und europäische LüKK-Unternehmen eher umgekehrt Kaufobjekte amerikanischer oder chinesischer Akteure, zum Beispiel beim Verkauf von Viessmann an Carrier (siehe cci202195).
Ob die Rechnung aufgeht? Wenn alles so kommt, wie von den Verantwortlichen erwartet, verdoppelt Bosch mit der größten Akquisition der Unternehmensgeschichte nahezu seinen Umsatz mit Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik von derzeit 5 auf dann 9 Mrd. €. Dafür sind die Schwaben bereit, stolze 7,4 Mrd. € zu investieren. Bosch rechnet damit, dass der globale LüKK-Markt bis 2030 um 40 % wachsen wird, also um rund 7 % pro Jahr. Das liegt nahe an den Zahlen, die Statista für den weltweiten Markt für Heizung und Kühlung bis 2022 veröffentlicht hat. Bei der Prognose ist die Online-Plattform für Statistiken auf Basis von Markt- und Meinungsforschungsinstituten, Wirtschaftszahlen und amtlichen Statistiken indes deutlich zurückhaltender und sieht bis 2028 nur ein Umsatzwachstum von gut 3 % pro Jahr. Da wird sich Bosch also mächtig strecken müssen, um die proklamierten Ziele zu erreichen.
Wenn Bosch die behördliche Genehmigung erhält und die Geschäfte von Johnson Controls wie geplant in rund einem Jahr tatsächlich übernommen hat, wird sich das Unternehmen angesichts dieser Zahlen hoffentlich nicht übernommen haben. In den Sozialen Medien kursieren schon Spekulationen, wie es weitergehen könnte. Skaleneffekte sollen Bosch demnach in die Karten spielen. Anders gesagt: Auf die Größe kommt es an. Das wiederum ist nun auch nicht so neu.
Peter Reinhardt, peter.reinhardt@cci-dialog.de
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cci279379
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Sehr geehrter Herr Reinhardt,
danke für Ihre Infozusammenstellung. Aus meiner Sicht bliebe zu ergänzen:
Viertens: Bosch hat schon einmal eine Regelungsfirma übernommen: Die damalige ‚Bauer-Optimierung‘! Und haben, nach anfänglichen Investitionen in den Bereich, es nicht geschafft im Lüftungsmarkt diese sehr vielversprechende Technik zu einem echten Markterfolg zu führen. Als Außenstehender kann ich nur vermuten, dass Boschs ‚Automative-Strukturen‘ nicht geeignet waren, sich diesen Markt zu erschließen.
Die Bauer-Optimierung fand ein unrühmliches Ende: Verkauf. Wohin eigentlich? Höre gar nichts mehr davon!? Und das in einer Zeit, in der wir auf Fortschritte in Energieeffizienz dringend angewiesen wären. Nach einer Anwendungszeit, in der die Anwendung der Bauer-Optimierung eindrücklich ihre Wirksamkeit bewiesen hatte. ( Covid bremste natürlich, durch die Forderung nach erhöhten Frischluftraten. Aber Covid ist vorbei?!) In Karlsruhe allein am KIT, im provisorischen BVG, im BVG, im Rathaus, … In Kirchen, Schwimmbädern, in sehr viele erfolgreichen Projekten.
Die Gitter-…-Hersteller freuen sich, ok. Haben ja auch der Bauer-Optimierung einigen Widerstand entgegengesetzt. Ich meine fast, die cci eigentlich auch, als Industriepartner? Oder was denken Sie? Reicht Herstellerfreude und bessere Gewinne für diese aus, ein wirksames Energieeffizienzmodell auszubremsen, these days?
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Büchele